Tschomyr – so heißt das Fest der Kohlernte. Für die Republik Komi ist es eine relativ junge Tradition. Es wird nur in südlichen Gebieten gefeiert, also dort, wo Kohl angebaut wird. Das Fest wurde in diesem Jahr zum vierten Mal gefeiert. Unsere Vorfahren aber kannten diesen Brauch sehr gut und aßen dieses Gemüse mit großem Vergnügen. Das war ein Tag, an welchem sich viele Familien versammelten um Gerichte aus Kohl zuzubereiten und Vorräte für den Winter zu machen. Kohl wurde der Reihe nach in jedem Bauernhof gekocht, so zogen die fröhlichen Menschen von einem Bauernhof zu dem anderen, sangen Lieder, tanzten und spielten. Vielleicht war der Kohl deswegen so schmackhaft!
Kohl – die Gemüsekönigin – wurde auf eine besondere Weise gesäuert. Schoma kapusta sagen die Komi, der Deutsche erinnert sich dabei sofort an sein liebes Sauerkraut und die Russen würden gern mal Kohl auf komi Art gesäuert probieren, obwohl sie schon selbst Fachleute im Kohlsäuern sind. Ob Schoma kapusta dasselbe wie Sauerkraut ist, würde ich nicht behaupten. Jede hat ihre eigene kulturelle Grundlage, ihren national-mentalen Hintergrund. Sie werden verschieden serviert und verschieden gekostet. Gleich bleibt nur die Deutung des Begriffs – das ist durch Milchsäuerung konservierter Weißkohl.
Wie wurde es früher gemacht? Wie wird es heutzutage interpretiert? Es hat sich nicht vieles verändert. Kohl wird in Holzbottichen oder Holzfässern gesäuert, die vorher mit warmem Wasser gewaschen und mit Wacholderzweigen gedämpft (desinfiziert also) werden. Wacholder liegt dabei im Fass. Dazu legt man noch einen geputzten heißen Stein, damit sich das Wasser nicht schnell abkühlt.
Man wählt dicke saftige Kohlköpfe und zerhackt sie in zwei oder vier Teile. Dann werden geteilte Kohlköpfe für 3-5 Minuten in kochendes, leicht gesalzenes Wasser zur Entbitterung gelegt. Abgekühlter Kohl kommt dann in Schichten in den Fass. Ganz unten werden Johannisbeerenzweige und Dill gelegt. Man kann auch eine Scheibe angebackenen Roggenbrot dorthin legen. Jede Schicht wird mit Lorbeerblättern, Nelkenpfeffer und Anis gewürzt. Dann kommen wieder Johannisbeerenzweige und Dill. Kohl wird mit dem nach der Entbitterung gebliebenen Wasser begossen und mit Gewichten gepresst (meistens mit einem Stein). Der Gärungsprozess dauert etwa 2-3 Tage bei 20 Grad. Während der Gärung muss man die Salzlake abschäumen.
Danach wird der Kohl in einer kühlen Stelle aufbewahrt. In dieser Zeit wird der Fass mit einer Holzdecke und Gaze bedeckt. Sie und auch der Stein (als Beschwerung) müssen regelmäßig mit Kochwasser gewaschen werden. Die Salzlake muss den Kohl ganz bedecken.
Ich habe den auf komi Art gesäuerten Kohl noch nicht probiert. Meine Schwiegermutter macht es traditionell „auf russisch“. Aber was ich wirklich anpreisen kann, ist gekochter Kohl, den ich auf dem Volksfest Schondyban gekostet habe. Ja, das war etwas für meinen Gaumen)))) Oder bin ich einfach zu viel herumgelaufen und hungrig geworden? Nein, das war wirklich schmackhaft. Die Frauen in Nationaltrachten waren sehr freundlich und boten den hungrigen Schaulustigen nach Gewürzen duftende Kohlblätter an. Wie immer habe ich alles fotografiert, falls meine Leser mir nicht glauben würden)))
Der Kohl wurde in einem groβen Kassel auf dem Feuer kurz gekocht, nicht gewürzt (nur Johanisbeerenblätter) und ohne Salz.
Mit solch einem riesigen Schöpflöffel aus Holz wurden die geteilten Kohlköpfe aus dem kochenden Wasser «ausgelöffelt»)))))
Danach wurden sie abgekühlt, gewürzt und gesalzt. Der Holztrog hatte Risse und das übrige Wasser lief durch diese Risse ab.
Mit etwas Dill, Salz und Schnittlauch schmeckte der Kohl einfach himmlisch.