Traditionelles Komi-Gebäck wird in vielen Cafes und Bäckereien Syktywkars (Hauptstadt der Republik) verkauft. Meine Lieblingsbäckerei, wo ich von Zeit zu Zeit etwas zum Naschen kaufe, veranstaltet jeden Donnerstag den Tag der Komi-Küche und bietet viele leckere Dinge wie Piroggen mit Preisel- und Heidelbeeren, Fischkuchen und auch dünne Schangas mit Kartoffel an. In der Mittagspause strömen Büroangestellten vom „City“ in die Bäckerei und kaufen den Laden aus.
Heutzutage bedauern einige Kenner der nationalen Küche, dass die dünne Schanga an ihrer Qualität und dem Geschmack eingebüßt hat. Die richtige dünne Schanga kommt brav und leicht knusprig aus russischen Öfen gebacken, die heutzutage nur in Dörfern zu finden sind. Ein Essen, das Feuer und pflegliche Hand braucht.
Die Suche nach der echten dünnen Schanga führte mich zu einer netten Frau – Rosa Punegova. In ihrem Kochbuch sammelt sie sorgfältig die alten Rezepte der nationalen Komi-Küche. Sie pflegt auch die Traditionen ihres Volkes und kann vieles aus dem Brauchtum ihrer Heimat erzählen. Sie lebt in der Prilusje, im Süden der Republik.
Auf dem Foto Rosa Punegova. Sie hat mir sehr gefallen.
Das erste Treffen mit Rosa war sehr interessant. Sie hat mir über ihre Familie erzählt und viele alte Fotos gezeigt. Ich mag alte Fotos, wo die Menschen so ursprünglich und nicht verwöhnt aussehen. Ihre Blicke sind offen und unverstellt. Wie auf diesem Foto, wo ihre Urgroßeltern dargestellt sind.
Auf dem Foto die Urgroβeltern von Rosa. Rosa hält dieses Foto für ein wertvolles Familienstück.
Rosa ist eine gutherzige Frau. Sie hat eine Behinderung am rechten Bein und ist in ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechend eingeschränkt.
Doch sie will sich ihrem Schicksal nicht ergeben und leitet den Dorfverein für die Menschen mit Behinderungen. Sie ist sehr aktiv. Im vorigen Sommer veranstaltete sie den Sommerlager für Menschen mit (teilweise schweren) Behinderungen aus der Republik. Sie paddelten auf der Lusa, beteiligten sich an Meisterklassen, bewunderten die reichliche südliche Natur.
Foto: In der frischen Luft schmeckt die auf dem Feuer zubereitete Suppe aus dem selbst geangelten Fisch prima!
So viel Freude liest man von den Gesichtern dieser Menschen ab. Einige waren zum ersten Mal in ihrem Leben aus dem Zuhause gereist.
Foto: Im Sommerlager wurden auch Puppen gemacht! Wer weiβ, wie viel Mut und Ausdauer es dafür bei Menschen mit Behinderungen braucht. Viele können ihre Finger und Hände kaum bewegen!
Was mich an Rosa gewundert hat, dass sie weiche mollige Hände hat. Ich habe mir sofort vorgestellt, wie sie mit diesen Händen den Teig knetet. Sie hat aber das Backen nicht von Kindheit an gelernt. Als ihre Mutter noch am Leben war, hat Rosa niemals gebacken. Sie brauchte das nicht, sie hatte doch ihre Mutter. Aber eines Tages sagte ihr die Mutter, dass sie backen lernen muss, wie könnte dann die Tochter ihrer Mutter gedenken, wenn die sterben würde… Bald darauf verstarb sie. Rosa war niedergeschlagen. Sie dachte sehr oft an die Worte ihrer Mutter. Die südlichen Komi haben einen Brauch, der verstorbenen Verwandten gedenkt man mit Selbstgebackenem. Es wird auf dem Friedhof gegessen: gebratener Fisch und Backwaren sind ein Muss bei so einer Gedenkmahl.
Rosa begann also zu backen. Die ersten Schangas waren mit bitteren Tränen angemacht und schmeckten gar nicht. Jetzt veranstaltet die Hobby-Bäckerin Meisterkurse im Backen. Auf allen regionalen Festen sind ihre Schangas auf dünnem Boden zu kaufen. Dabei macht sie alles nach Augenmaß und nicht nach bestimmten Mengen. Sie sagt, dass die Schanga dadurch noch schmackhafter wird.
Hier ist das Rezept von Rosa.
Teig: Roggenmehl, Weizenmehl, Kefir (Sauermilch), Eier, Mayonnaise, Speisesoda, Salz, Pflanzenöl, Butter oder Margarine.
In Kefir einen halben Teelöffel Speisesode, Salz, 1-2 Eier, 2-3 Esslöffel Mayonnaise zugegeben und kräftig umrühren. Dazu etwa 2 Gläser Roggenmehl und etwa 1 Glas Weizenmehl geben. Nach und nach Pflanzenöl zugeben und den Teig kneten, bis er homogen wird und nicht an die Hände klebt. Den Teig eine halbe Stunde ruhen lassen. Aus dem Teig kleine Kugeln (25-30g) machen und ganz dünn ausrollen.
Der ausgerollte Schangaboden muss rund sein, zum Ausschneiden kann man eine Untertasse benutzen oder einen kleinen Eimer (in solchen wird bei uns oft Mayonnaise verkauft). Die Ränder dieses Eimers sind scharf und machen gute runde Formen.
Für den Belag nimmt man Kefir, Mayonnaise, Eier, Salz, Speisesoda, Gerstengrütze, Weizengrütze, Maisgrieß.
Grütze in Kefir oder Sauermilch für 12 Stunden bei Raumtemperatur einweichen so, dass die Flüssigkeit die Grütze noch mit 1cm bedeckt. Das Verhältnis der Grützenmenge zueinander ist proportional. Weizengrütze verbessert den Geschmack und Maisgrieß gibt der fertigen Backware eine goldgelbe Farbe. Nachdem die Grütze richtig Wasser bekommen hat, gibt man noch 1-2 Eier, 2-3 Esslöffel Mayonnaise, einen halben Teelöffel Speisesoda und Salz zu. Nach dem Umrühren den runden Teigboden mit der Masse bestreichen. Für jeden Boden nimmt man nicht mehr als 2 Esslöffel Masse. Die Masse muss man gleichmäßig verteilen, so dass das ganze Teigstück etwa 1 cm dick ist. Vor dem Backen wird die Oberfläche noch mit Mayonnaise bestrichen.
Einige gebrauchen mit Sauersahne geschlagene Eier. Aber Rosa meint, dass nach dem Backen die goldgelbe Backkruste, mit der die Schanga bedeckt wird, leicht aufbricht. Sie bestreicht die gebackenen Schangas mit zerlassener Butter. Die frisch gebackene Schanga schmeckt am besten mit Milch.
Spürt ihr schon das Aroma? Ich schon.