Ja, das Verb „beherrschen“ ist das richtige Wort für mein Bemühen die Sprache Komi zu lernen. Schon seit langem hatte ich einen großen Wunsch auf Komi zu sprechen. Meine Schwiegereltern kennen beide Komi, mein Mann kann Komi verstehen aber nicht sprechen.
Warum eigentlich kam ich auf solch einen Gedanken? Dazu gibt es sehr viele Gründe. Die Republik Komi ist meine kleine Heimat und ich meine, dass es sehr wichtig ist, die nationale Sprache der Republik kennen und verstehen zu können. Ich bin hier aufgewachsen und immer hörte ich außer Russisch noch Komi. Und ich fand die Sprache früher so seltsam für mein Ohr.
Ich bin im Norden der Republik geboren, in der Stadt Inta, wo es sehr wenig Komi gibt. Auf den Straßen hörte man nur immer Russisch. Aber im Radio und Fernsehen wurde sehr viel Komi gesprochen. Jetzt finde ich die Sprache sehr melodisch und weich, weil ich verstehe, dass jede Sprache ein Unikum ist, das ist die Seele des Volkes, sein Reichtum und sein Leben. Und weil ich auch Fremdsprachen gelernt habe und jetzt Deutsch unterrichte, ist es für mich von einem großen Interesse, mal eine ganz andere Fremdsprache zu lernen. Komi ist eine finno-ugrische Sprache, und das ist eine ganz andere Sprachfamilie. Mein Russisch-Ukrainisch-Deutsches Bewusstsein gewöhnt sich sehr schwer an dieses neue Sprachsystem, aber ich bin sehr motiviert. Unsere Lehrerin, Olga Stepanova, ist eine sehr nette Frau, TV-Moderatorin, und sie spricht so schön, dass ich mich mehr und mehr in diese Sprache verliebe.
Foto: Olga Stepanova — unsere Lehererin (https://komiinform.ru/news/134488/)
Besonders schön finde ich die Lieder. Das Lied „Katschasinjas“ (zu Deutsch: Kamillen) ist mein Lieblingslied, und ich singe es immer mit Gefühl, wenn ich irgendwo in der Natur bin. Hier könnt ihr das Lied hören:
Der bekannteste komi Dichter Ivan Kuratov hat die Komi Sprache in seinem Gedicht besungen – Komi Kyv, das heute als die Ode an die Komi Sprache gilt.
Foto: Ivan Kratov — Komi Dichter (1839-1875)
Dank meinem Kollegen habe ich die deutsche Nachdichtung gefunden. Wer sie gemacht hat, ist leider nicht bekannt. Aber ich kann behaupten, dass die Nachdichtung die Stimmung des Gedichtes sehr gut widergibt. So viel Gefühl und Liebe gibt es in jedem Wort!
Die deutschen Leser haben bereits bemerkt, dass die Komi Sprache einen Buchstaben hat, der auch echt deutsch ist – ö. Der wird aber nicht so, wie im Deutschen gesprochen. Für das deutsche Ohr ist es etwas zwischen dem langen o und dem offenen langen ä (wie Mädchen). Der Buchstabe Ö hat in Syktyvkar, der Hauptstadt der Republik Komi, sein Denkmal.
Foto: Das Ö-Denkmal (http://komi.ru/upload/iblock/53b/img-20150506094457-195.jpg)
Mein heutiger Beitrag wäre ohne allgemeine Informationen über die Komi Sprache und ihre Geschichte nicht vollständig. Die Information stammt aus dem Buch von Tatjana Schwitai „Die Komi ASSR“ (Syktyvkar, 1984). Zur Geschichte der Komi Sprache:
„Komi gehören zu den kleinen Völkern, die schon vor der Revolution eine Schriftsprache hatten. Sie entstand im 14. Jahrhundert, ihr Schöpfer ist Stefan Chrap, der später den Namen Stefan von Perm erhielt.
Das ursprüngliche Wohngebiet der Komi lag in der Gegend des Oberlaufes der Kama und der Wjatka, in dieser Gegend standen sie mit ihren nächsten Stammesverwandten, den Wotjaken, in Berührung. Dann begann die Abwanderung der Komi nach dem Norden. Nach den Angaben der russischen Geschichtsquellen findet man Komi im 11.Jahrhundert schon an der Wytschegda, gegen Ende des 14.Jahrhunderts in der Gegend der heutigen Stadt Kotlas (das Gebiet von Archangelsk).
Als Grundlage der komi Sprache wird die altpermjakische Sprache angesehen, deren Träger sich im ersten Jahrtausend v.u.Z. im europäischen Nordosten angesiedelt hatten, daher wohl auch der Name Stefan von Perm.
Die Christianisierung der Komi weist eigenartige Züge auf. Das Bekehrungswerk wurde von dem Bischof von Perm, Stefan dem Heiligen (um 1335-1396) geleitet, der russischen Herkunft war, aber der komi Sprache mächtig war. Durch sein kluges und tolerantes Verhalten und die Überzeugungskraft seiner mit Missionsbewusstsein erfüllten Persönlichkeit vermochte Stefan der Heilige den größten Teil der Bevölkerung des Gebietes für das Christentum zu gewinnen. er stellte für die komi Sprache ein besonderes Alphabet, das sogenannte „Abur“ oder „Anbur“ zusammen; das „Anbur“ gilt als nationale Schrift der Komi.„
Foto: Das Anbur-Alphabet
Foto: Der Name von der Hauptstadt der Republik Komi wird in Anbur dargestellt (http://finugor.ru/sites/finugor.ru/files/imce/sykt_anbur.jpg)
Seit 17.-18.Jahrhundert haben die Komi das Alphabet, dass dem russischen entnommen wurde.
А а | Б б | В в | Г г | Д д | Е е | Ё ё |
Ж ж | З з | И и | І і | Й й | К к | Л л |
М м | Н н | О о | Ӧ ӧ | П п | Р р | С с |
Т т | У у | Ф ф | Х х | Ц ц | Ч ч | Ш ш |
Щ щ | Ъ ъ | Ы ы | Ь ь | Э э | Ю ю | Я я |
Doch es gibt zwei Buchstaben, dass der komi Sprache ihre Besonderheit verleihen – i und ö. Im Kurs, wo ich Komi lerne, hat man uns gesagt, dass die Komi die Laute ф (f), х (ch), ц (ts) und ч (tsch) nicht haben. Sie werden in den russischen Entlehnungen durch andere Buchstaben und Laute ersetzt. Warum? Das ist auch sehr interessant. Unsere Lehrerin hat uns erklärt, dass es wahrscheinlich damit verbunden war, dass die Komi als Heiden vor diesen Lauten Angst hatten.
Heutzutage spricht man in der Republik Komi das Komi-Syrjänische Dialekt. Die weiteren sind – das Komi-Permjakische und das Ostpermjakische (Jazva-Dialekt). Das Komi-Syrjänische hat in der Republik weitere Dialekte. Wir erlernen aber die Hochsprache (Literatursprache).
Mein Sprachkurs dauert zwei Monate und kostet mir keine Kopeke, denn er wird jährlich von dem Ministerium für die Nationalpolitik der Republik Komi veranstaltet und erzielt damit die Popularisierung der komi Sprache unter der übrigen multinationalen Bevölkerung unserer Republik. Wir machen uns im Kurs nicht nur mit den Raffinessen der komi Sprache bekannt, sondern auch mit Sitten und Bräuchen des Volkes Komi. Und das ist für mich, wie ihr wisst, sehr interessant. Ich hoffe, dass ich doch Erfolg erziele.
Став бурсö тiянлы! – Alles Gute an alle!